Stadträte springen über ihren Schatten

Einkaufen zu können, wann immer man will, ist für viele ein Traum. Das Internet macht’s möglich, ersetzt aber nicht den Bummel durch Geschäfte und Center. Für manch einen...

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Einkaufen zu können, wann immer man will, ist für viele ein Traum. Das Internet macht’s möglich, ersetzt aber nicht den Bummel durch Geschäfte und Center. Für manch einen muss genau das jedoch ein wahrer Albtraum sein. Obwohl keiner zum Shopping gezwungen wird. Alle Jahre wieder und nicht zufällig im Advent gibt es jedenfalls Streit über den Sinn und Unsinn erweiterter Öffnungszeiten im Handel ganz allgemein und insbesondere über sogenannte Einkaufssonntage. Denn süßer die Kassen nie klingen. Der Handelsverband Deutschland (HDE) schätzt, dass fast ein Fünftel des Jahresumsatzes in den Monaten November/Dezember erwirtschaftet wird.
So war es kein Zufall, dass jüngst die Bautzener Stadträte noch auf die Schnelle darüber zu befinden hatten, ob die Geschäfte in Bautzen in der Vorweihnachtszeit nicht doch an zwei Sonntagen öffnen dürfen (wohlgemerkt: nicht müssen), statt an nur einem, wie vorgesehen. Es galt, sachlich das Für und Wider abzuwägen. Was sicher nicht einfach ist, wenn sich lieb gewordene Vorurteile im Hinterkopf festgesetzt haben. Die Stadträte sollten allerdings zugleich über den eigenen Schatten springen. Bestimmt die schwierigere Übung. Schließlich waren sie es, die 2011 so restriktiv die Öffnungszeiten des Handels festgeschrieben hatten. Und das wenig vorausschauend gleich für die Folgejahre mit. Andere Städte reizen die gesetzlichen Vorgaben aus. Die in Sachsen erlaubten vier großen Einkaufssonntage gibt es z.B. in Bischofswerda, Kamenz, Pirna, Löbau und Zittau, wenigstens drei in Hoyerswerda und Görlitz. Das hat, wie kürzlich zu lesen war, den neuen Bautzener Oberbürgermeister überrascht. Doch Alexander Ahrens ist nicht von hier.
Die Stadträte dagegen sind es sehr wohl. Sie hätten es wissen müssen, dass sich Bautzen mit nur einem Einkaufssonntag am 20. Dezember freiwillig mit Mindereinnahmen begnügt. Denn laut der von der IHK Dresden vorgelegten Zahlen und Fakten ist genug Geld unter den Leuten. Fragt sich nur, wer diese Kaufkraft wann und wo abschöpft. Man kann natürlich negative Schlagzeilen verfassen, weil die Verkaufsfläche in Bautzen zurückgeht, doch Fakt ist auch, dass es hier trotzdem viel besser aussieht, als in anderen Städten. Umso wichtiger ist es, Kunden und Käufer aus der Region anzulocken. Dafür muss diesen etwas geboten werden. Das Lauencenter (inklusive Parkhaus in der Innenstadt) wäre ein solcher Anreiz gewesen. Die Stadt agierte damals zu halbherzig. Aber Einkaufssonntage tun es vielleicht auch.
Wie auch immer: Der Stadtrat darf sich nun sogar noch dafür loben lassen, in letzter Minute den zusätzlichen Öffnungszeiten am 6. Dezember zugestimmt zu haben. Bei den Mitarbeitern der Stadtverwaltung dürfte der Jubel darüber verhalten ausgefallen sein. Noch Ende Oktober bezeichnete OB Ahrens in der „SZ“ den Verwaltungsvorlauf für so einen Beschluss einfach als zu kurz. Jetzt ist diese Entscheidung sehr viel kurzfristiger gefallen.
Doch der Löwenanteil an Arbeit kommt auf die Bautzener Geschäftsleute zu. Gerade erst haben sie mit der „Romantica“ ihre Kundschaft verzaubert, da sind sie schon wieder gefordert. Es ist ja nicht damit getan, nun auch am Nikolaustag im Laden zu stehen. Sie mussten die Vorbereitungen schultern und tragen das geschäftliche Risiko. Dass sich dieser enorme Aufwand für sie im Wortsinne bezahlt macht, ist ihnen sehr zu wünschen.

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