Im Dauereinsatz oder Der Ruf nach der Polizei

„Das war Gewalt gegen Polizeibeamte.“ So rigoros beurteilte Conny Stiehl, der Präsident der Görlitzer Polizeidirektion, das Verhalten der drei Jugendlichen, die in jener Februar-Nacht, als der „Husarenhof“ brannte,...

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„Das war Gewalt gegen Polizeibeamte.“ So rigoros beurteilte Conny Stiehl, der Präsident der Görlitzer Polizeidirektion, das Verhalten der drei Jugendlichen, die in jener Februar-Nacht, als der „Husarenhof“ brannte, den Anweisungen der Polizisten nicht gleich folgten, Absperrungen missachteten und die Löscharbeiten „massiv behinderten“ – wovon die Feuerwehrleute allerdings nichts mitbekommen haben. Die Beamten vor Ort schauten sich das auch gar nicht lange an, nahmen die Angetrunkenen vorübergehend fest. In wenigen Minuten war der eher lächerliche Spuk vorbei. So locker sah das Conny Stiehl auch einige Wochen nach der Brandnacht allerdings nicht. Gewalt lasse sich nicht niedlich reden, lautete sein Diktum. (Alles nachzulesen in der „SZ“ vom 10. Juni 2016.)

Wenn das „Gewalt gegen Polizeibeamte“ war, was war denn dann das, was an den vergangenen Tagen im Bautzener Stadtzentrum ablief? Vom regionalen Polizeipräsidenten hat man dazu nichts gehört. Er schickte nach den Ereignissen des frühen Abends und der Nacht vom Mittwoch zum Donnerstag den Bautzener Polizeidirektor Uwe Kilz zur Pressekonferenz. Dieser machte dabei klare Ansagen, ohne die Situation zu dramatisieren. Vor allem schenkte er sich jede „politisch korrekte“ Rücksichtnahme, die allzu oft Verantwortungsträger nur hilflos nach Worten suchen lässt, um nicht aussprechen zu müssen, was gesagt werden muss. (https://youtu.be/WvlWzZV-cIs)

Was war geschehen: Auf dem Holzmarkt standen sich am Mittwoch nicht zum ersten Mal in diesen Tagen jugendliche Asylbewerber und deutsche Bürger in Konfrontation gegenüber. Die Rede ist unter anderem davon, es seien wiederholt Passanten belästigt worden. Dass es an diesem frühen Abend besonders emotional zuging, lag aber wohl auch am tragischen Geschehen in der Nacht zuvor. Da hatte ein Asylbewerber einen 32-jährigen Bautzener mit der Flasche angegriffen. Dieser wurde schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert. Es gab also bereits vor der Ankunft der Einsatzkräfte der Polizei verbale und teils tätliche Auseinandersetzungen. Es galt nun, beide Seiten zu trennen, auf Abstand zu halten und Platzverweise auszusprechen. Dann aber eskalierte es.

Wie der Polizeibericht festhält, waren es jedoch nicht die „augenscheinlich gewaltbereiten Personen“, übrigens „in großer Zahl dem politisch rechten Spektrum zuzuordnen“, die handgreiflich wurden: „Die Beamten trennten mit einer Polizeikette die beiden Gruppierungen und forderten alle Anwesenden auf, den Platz zu verlassen. Aus der Gruppe der Asylbewerber wurden die Polizisten mit Flaschen, Holzlatten und anderen Gegenständen beworfen, worauf die Beamten Pfefferspray und den Einsatzmehrzweckstock einsetzten.“

Was sonst noch geschah? Die Lage spitzte sich zu. Die aufgebrachte Menge verfolgte die „UMAs“ (offizielle Abkürzung für „Unbegleitete minderjährige Asylbewerber“) bis zu deren Unterkunft. Weil dabei lautstark „Wir sind das Volk!“ gerufen wurde, war für manche Medien tags darauf sofort klar: Alles Nazis. Die Polizeipräsenz verhinderte weitere Ausschreitungen. Hier der Link zum Bericht der Polizei. Verfasst wurde er nicht von Journalisten, die immer alles wissen. Besser wissen. Natürlich auch über die jüngsten Vorfälle in Bautzen. Die Polizei aber weiß Bescheid, sie war nämlich dabei: https://www.polizei.sachsen.de/de/MI_2016_44854.htm

Vielleicht ist es ja nicht so wichtig, vielleicht aber doch: Woher hatten die jungen Ausländer eigentlich die Holzlatten, um auf die Polizisten einschlagen zu können? Also einen Zaun älterer Bauart gibt es rund um den Kornmarkt sicher nicht. Ist es nur eine böse, böse Vermutung, da habe sich jemand auf eine handfeste Prügelei vorbereitet? Schließlich beteiligten sich Flüchtlinge bereits am Freitagabend an Übergriffen zwischen linken und rechten Gruppen nach einschlägigen Protestkundgebungen. Laut einer am Montag darauf in der Bautzener „SZ“ abgedruckten kurzen Chronik der Ereignisse flogen „Flaschen und Böller in Richtung der rechten Kundgebung und der Einsatzkräfte“. Schon da wurde also auch die Polizei attackiert. Wie sagte doch der eingangs erwähnte Polizeipräsident: „Gewalt lässt sich nicht niedlich reden.“

Paradox ist eigentlich auch, dass sich Linke, die doch eigentlich „Gesicht gegen rechts“ zeigen wollen, bei ihren Aufmärschen zu gern vermummen. Aber okay, wie verbale Beschimpfungen der Gegenseite gehört das wohl zur Protestfolklore. Aber Gewalt gegen Sachen und besonders Personen? Was Provokationen auslösen können, musste Bautzen an den vergangenen Tagen ertragen.

Im konkreten Fall hat das zuständige Landratsamt schnell reagiert; gerade so, als wäre man von den Vorkommnissen nicht überrascht. Vier junge Asylbewerber, bereits wiederholt auffällig geworden, wurden in einen anderen Landkreis verlegt. Für die anderen gibt es Ausgangssperre ab 19 Uhr. Das bestehende Alkoholverbot soll durchgesetzt werden. Und die Stadt? In einem Gespräch mit der lokalen „SZ“ verurteilt der Bautzener Oberbürgermeister selbstverständlich jede Gewalt, ohne aber deren Verursacher konkret zu benennen. (Gegenüber anderen Medien wurde er wesentlich deutlicher!) Stattdessen sollen jene, also „die gewaltbereiten Rechten“, vom Kornmarkt verwiesen werden, die gegen das Verhalten der jungen Asylbewerber protestieren. Aber ja, auch bei denen wolle man genau hinschauen. Doch das sei schwierig … Vielleicht helfen ja Streetworker. Ordnungsamt und Polizei sollen jedoch verstärkt Streife gehen. Letztlich gibt sich Alexander Ahrens zuversichtlich und formuliert gleich die Schlagzeile zum Artikel: „Wir bekommen die Lage in den Griff“. http://m.sz-online.de/nachrichten/wir-bekommen-die-lage-in-den-griff-3494004.html

Die Ähnlichkeit zu der bekannten Durchhaltelosung „Wir schaffen das“ ist ganz bestimmt reiner Zufall.

Hans-Georg Prause

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