„Krone-Deal in Berliner Hinterzimmer?“ (Oberlausitzer Kurier) – „Millionenpoker um die Krone“ (Sächsische Zeitung) - So spektakulär, wie jüngst die Schlagzeilen von Bautzener Zeitungen waren, so wichtig ist das zum Verkauf stehende große Areal zwischen der oberen Steinstraße und der Töpferstraße für die künftige Gestaltung der Innenstadt. Die Noch-Eigentümer der etwas tristen Stadthalle, des großen Parkplatzes und der recht stattlichen Häuser wollen diese Immobilien und Grundstücke verkaufen. Spätestens seit Anfang dieses Jahres liegen die Karten offen auf dem Verhandlungstisch. Ob nun wirklich „im Hinterzimmer“ ein Deal ausgehandelt oder ob um Millionen „gepokert“ wird: Außer Spesen ist bislang nicht viel gewesen. Mittlerweile aber drängt die Zeit.
Erster Ansprechpartner ist in solchen Fällen stets die Stadt. Ob man dort auf dieses Angebot vorbereitet war? Das bleibt zu hoffen. Überraschend kommt das alles schließlich nicht. Von den Problemen der Berliner Unternehmensgruppe sollte man im Rathaus gehört haben. Und dass zum Beispiel die „Krone“ als Herzstück des Ganzen zuletzt mehr schlecht als recht genutzt wurde, war für jeden Bautzener augenscheinlich. Die Stadträte waren sich jedenfalls darin einig, die vorliegende Kaufofferte nicht ungeprüft zu lassen. Oberbürgermeister Alexander Ahrens, bekanntlich als Privatmann im Immobilien-Geschäft nicht ganz unbewandert, nahm den Kontakt zu den Eigentümern auf. Bald wurden Zahlen genannt. Da war erst von 3,4 Millionen Euro zu lesen, dann von vier Millionen. Viel zu teuer? Kann man so sehen. Zumindest dann, wenn man die sich bietenden Möglichkeiten ausblendet. Dass öffentlich Meinungen und Vorschläge eingeholt wurden, ist nicht bekannt. Ein bestehender Beirat für Stadtentwicklung wurde zu diesem Projekt auch nicht ordentlich befragt. Ohne große Diskussion erklärte stattdessen die Stadtverwaltung, was da alles warum und weshalb nicht geht. Nachzulesen ist das im Detail in der „Sächsischen Zeitung“ vom 18. April.
Viele Stadträte sehen das allerdings gänzlich anders. Sie wollen deshalb zum Ankauf von Grundstücken und Immobilien eine sachkundige Einschätzung und zwar von unabhängiger Seite. Nicht gerade ein Vertrauensbeweis gegenüber dem Rathaus. Etwas unerwartet haben sie zudem noch argumentativen Beistand erhalten: Laut „SZ“ und Auskunft des Verkäufers liegt der Preis für Stadthalle und Parkplatz inzwischen deutlich unter drei Millionen Euro. Hat die Stadtverwaltung mit ihrer zögerlichen Haltung nur gut gepokert? Man möchte das gern glauben. Dann müssen aber jetzt alle Karten auf den Tisch. Bevor man sich böse verzockt und leer ausgeht. Denn es ist bereits von neuen Mitspielern die Rede.
Wer sich alles noch in diese Immobilien-Runde einkaufen will, ist nicht so genau bekannt. Zu lesen war allerdings, dass einer der Bewerber die Fläche mit Seniorenwohnungen bebauen will. Konkretes soll schon vorliegen. Sogar im Rathaus. Was die Blicke auf ein anderes Stück Bautzener Innenstadt lenkt: die Baubrache zwischen Lauengraben und Goschwitzstraße. Dort hat sich zwar seit Jahren nichts getan, aber gab es nicht die Absicht, ebenfalls ein Altenheim zu bauen? Wenn das noch aktuell ist, deutet sich ein Interessenkonflikt an. Als Investor wurde damals, im Herbst vorigen Jahres, jenes Unternehmen genannt, das zuvor auf dem Lauenareal ein modernes Einkaufszentrum errichten wollte. Dann ließ es die ganze Sache fallen, hat aber noch einen Großteil des Grundstückes in seinem Besitz. Außerdem gehört ihm der „Husarenhof“ mit dem ausgebrannten Dachstuhl. Das Gebäude hat man dem Verfall preisgegeben. Stattdessen wird mit dem Landratsamt prozessiert.
So richtig glücklich kann die Stadt mit manchen Investoren wohl nicht werden. Ein Grund mehr, nicht alles aus der Hand zu geben. Gleich gar nicht solche Kerngebiete wie das „Krone“-Umfeld und das Lauenareal. Denn: Wie viel Seniorenheime braucht Bautzen noch? Zugegeben, die Menschen werden älter, sie benötigen Pflege. Aber die regionale Demografie hat auch andere Zahlen parat. Die Geburtenrate in der Spreestadt liegt deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Benötigt werden über kurz oder lang mehr Plätze in Kinderkrippen, Kindergärten und bald auch in Schulen. Außerdem möchte man doch möglichst viele jener Bautzner an die Spree zurückholen, die auswärtig einen Beruf gelernt oder studiert haben. Diese wollen ihre Kinder gut betreut wissen und ab und an mal ausgehen können. Weiß Gott, Multikulti-Jugendklubs für 14- bis 18-Jährige sind dafür kaum das wichtigste Angebot. (Obwohl selbst da mehr geredet als getan wird.) Eine Stadthalle, wo öfters Konzerte und andere Veranstaltungen stattfinden, schon eher.
Aber wenn die Stadt nun kein Geld für den Ankauf der „Krone“ und Co. hat? „Unter den kreisangehörigen Städten und Gemeinden in Sachsen mit 20.000 bis unter 40.000 Einwohnern hat Pirna mit 5.299 Euro je Einwohner den höchsten Schuldenstand. Es folgen Hoyerswerda (4.675 Euro je Einwohner) und Riesa (4.531 Euro je Einwohner). Am niedrigsten verschuldet sind Bautzen (991 Euro je Einwohner), Grimma (1.466 Euro je Einwohner) und Döbeln (1.761 Euro je Einwohner).“ Auch wenn diese konkreten Zahlen bereits vor zwei Jahren veröffentlicht wurden, und sich auf Ende 2012 beziehen, also auf die Zeit von Alt-OB Christian Schramm, dürfte sich daran nicht allzu viel geändert haben. Andere Quellen aus dem vorigen Jahr lassen sogar vermuten, dass der Trend eher in Richtung gänzliche Schuldenfreiheit weist. Es sei denn, man speist im Rathaus neuerdings von goldenen Tellern.
Eine eventuell erforderliche Kreditaufnahme für den Erwerb der „Krone“ und des Umfeldes sollte die Bautzener jedenfalls nicht gleich in den Schuldenturm bringen. Was jetzt bezahlt wird, zahlt sich später bestimmt aus. Wer dagegen zu sehr spart, zahlt irgendwann vielleicht drauf.
Hans-Georg Prause
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