Verdächtigungen statt Verständigung

Bautzener Frieden – wie groß das klingt! Doch welche Kleingeister sind da am Werke. Ein seltener Jahrestag ist zu begehen: Ein Friedensschluss vor 1000 Jahren, der von überregionaler...

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Bautzener Frieden – wie groß das klingt! Doch welche Kleingeister sind da am Werke. Ein seltener Jahrestag ist zu begehen: Ein Friedensschluss vor 1000 Jahren, der von überregionaler Bedeutung war. Auch deshalb wird dieses historische Ereignis am 30. Januar gleich mit zwei Veranstaltungen begangen. Zum einen findet im Burgtheater tagsüber eine wissenschaftliche Konferenz statt, zu der eine abendliche Festveranstaltung gehört. Die Federführung hat hierbei der Steinhaus Bautzen e.V. Zur selben Stunde wird vom Verein „Bautzner Frieden“ der „Bautzener Friedenspreis“ vergeben, das allerdings an ganz anderer Stelle, nämlich im großen Saal des Theaters an den Schilleranlagen.

Wie das? Nun, so können nur Leute fragen, welche die Bautzener Verhältnisse nicht kennen. Diese erinnern nicht erst seit heute wieder beängstigend an Zeiten unseligen DDR-Angedenkens. Damals gab es, die etwas Älteren unter den Lesern werden sich erinnern, auch zwei friedensbewegte Richtungen: eine offizielle des Staates, der sich sowieso als Verkörperung des Friedensgedanken verstand, und eine von der Politik unabhängige, die sich oft unter dem Dach der Kirche versammelte. Letztere wurde von Partei und Regierung misstrauisch beäugt und von der Stasi überwacht. Nun hinkt bekanntlich jeder Vergleich, mancher sogar kräftig. Aber was man jüngst so an Diskreditierung über den Verein „Bautzner Frieden“ lesen musste, der bekanntlich seit einigen Jahren den „Bautzener Friedenspreis“ verleiht, das war einfach ärgerlich.

Statt sich in der Sache um eine Verständigung zu bemühen, wurden Verdächtigungen in Umlauf gebracht und Anschuldigungen erhoben. Einiges davon wurde zusammengetragen im „SZ“-Artikel „Unfrieden um den Bautzener Frieden“ . Manches ist so überholt wie haltlos. Sogar dort wird aber erwähnt, dass selbst Oberbürgermeister Alexander Ahrens (seinerzeit noch parteilos) am 1. September 2016 kein Problem darin sah, einer Einladung zu einer Veranstaltung des Vereins „Bautzner Frieden“ zu folgen. Und das, obwohl bereits damals obskure Querfront-Anschuldigungen gegen Mitglieder des Vereins im Internet kursierten. Man konnte das ignorieren, der Himmel stürzte trotzdem nicht ein. Noch im vergangenen Jahr, ebenfalls zum Weltfriedenstag, nahm mit Robert Böhmer (CDU) der Finanzbürgermeister der Stadt an einer öffentlichen Gesprächsrunde des Vereins teil. Das ist nur sechs Monate her. Woher kommen also nun auf einmal diese Berührungsängste? Wie künstlich und aufgesetzt muten einem alle diese Diskussionen doch an!

Noch eine weitere Frage stellt sich: Wieso wird gerade jetzt bemängelt, dass ein Vereins-Logo, das den „Bautzner Frieden“ symbolisiert, wahrscheinlich wegen der Verwendung einiger Teile des Stadtwappens, so nicht weiter eingesetzt werden darf? Ob das Verbot einer Prüfung standhält, sei dahingestellt. Die eine gelbe Mauer durchbrechende weiße Friedenstaube hat doch wenig mit der amtlichen Version zu tun. Aber der Verein reagierte vernünftig, ersetze das Logo durch den „Friedens-Igel“. Auf seiner Homepage steht jetzt: „Wir danken der Stadtverwaltung Bautzen dafür, dass Sie das Gespräch mit uns aufgenommen und uns in Aussicht gestellt hat, eine Erlaubnis der Nutzung unseres originalen Wappens zu erteilen.“ Also wenn das nicht blanke Ironie ist, dann stellt sich noch mehr die Frage: Warum gerade jetzt diese Schikane gegen den Verein? Und es gibt Fragen, die sich eigentlich selbst beantworten.

Nun, es bleibt abzuwarten, ob sich die Stadtverwaltung nicht doch noch dazu entschließen kann, einen bundesweit bekannten Aktivisten der Friedensbewegung wie den Theologen Eugen Drewermann zu ehren, wenn ihm der „Bautzener Friedenspreis 2018“ überreicht wird. Dieser kritisierte die Golfkriege unter Führung der USA ebenso, wie heutzutage die Auslandseinsätze der Bundeswehr. Nun wird das nicht jeder so sehen, doch jeder sollte eine andere Meinung akzeptieren können. (Zum Kennenlernen hier verlinkt ein Vortrag von Eugen Drewermanns: „Warum Krieg?“

Auch dem anderen Preisträger, Prof. Dr. Rainer Rothfuß, ist durchaus Respekt zu zollen. Er macht sich insbesondere stark für eine „Geopolitik von unten“. Seine „Druschba“-Autokonvois nach Russland setzen das um, was in den besseren Zeiten der SPD einst „Wandel durch Annäherung“ genannt wurde. Ja, er kritisiert das Verhalten der Europäischen Union beim Ukraine-Konflikt, doch damit steht er wahrlich nicht allein. Ihn deshalb als „Verschwörungstheoretiker“ zu verleumden, ist ziemlich infantil. Wer so etwas in die Welt setzt, sollte sich dieses Zitat der US-Schriftstellerin Anais Nin (1903-1977) mal ganz genau durchlesen: „Wir sehen die Dinge nicht so, wie sie sind, wir sehen sie so, wie wir sind.“ Und wer sich den NDR-„Bericht“ über die jüngste Russland-Tour anschaut und darin kein übles Propaganda-Stück erkennt, ja dem ist zu wünschen, dass ihn seine ideologischen Scheuklappen nicht zu sehr drücken.

PS: Der „Frieden von Bautzen“ war – laut Wikipedia – ein Friedensvertrag zwischen Heinrich II., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, und dem polnischen Herrscher Boleslaw I. Chroby, geschlossen zu Bautzen auf der Ortenburg am 30. Januar 1018. Er beendete die über rund 15 Jahre gegeneinander geführten Kriege und brachte regionalen Frieden für das heutige Dreiländereck. Das wird auf der Bautzener Konferenz zu würdigen sein. Aber es war zugleich ein politisches Bündnis, das sich gegen das Byzantinisch-Oströmische Reich richtete. Und bereits im Sommer des gleichen Jahres zog Boleslaw deshalb wieder in den Krieg. Unterstützt von deutschen und ungarischen Hilfstruppen. War es etwa ein Frieden auf Kosten anderer Völker? Das sollte bedacht werden.

Hans-Georg Prause
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