Klangperfektion aus 12.000 Einzelteilen

Der 35-jährige Chinese Lang Lang gilt als bester Pianist der Welt. Sein weibliches Pendant heißt Yuja Wang. Ganz gleich wo beide in die Tasten greifen – daheim oder...

2040
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Der 35-jährige Chinese Lang Lang gilt als bester Pianist der Welt. Sein weibliches Pendant heißt Yuja Wang. Ganz gleich wo beide in die Tasten greifen – daheim oder in den großen Konzerthäusern dieser Welt – beweisen sie ihre einzigartige Fingerfertigkeit an einem Flügel von „Steinway & Sons“. Der weltweit führende Hersteller von Flügeln und Klavieren produziert seit 1853 in New York und seit 1880 auch in Hamburg. Schon Größen wie Sergei Rachmaninoff, Vladimir Horowitz und Arthur Rubinstein, die zu den besten Pianisten aller Zeiten zählen, wählten den Steinway-Klang. „Seit jeher bieten unsere Instrumente eine konsistent hohe Qualität und den ungeteilten Zuspruch der heute rund 2.000 Steinway-Künstler sowie unzähliger weiterer Musikliebhaber auf der ganzen Welt“, sagt Manfred Sitz, seit 2012 Geschäftsführer von Steinway & Sons Europa. Nach 36 Jahren im Unternehmen verabschiedete er sich jetzt in den verdienten Ruhestand.

„Es ist ein guter Zeitpunkt, um aufzuhören“, so Sitz. Das Unternehmen stehe nach einem sehr erfolgreichen Jahr 2017 gut da. Die neueste technische Innovation, das Selbstspielsystem „Spirio“, wurde gleich im ersten Jahr stärker nachgefragt als erwartet. Guido Zimmermann, der vor einem Jahr die Nachfolge des langjährigen Geschäftsführers Werner Husmann angetreten hatte, bildet fortan die alleinige Spitze. 420 Mitarbeiter fertigen im Hamburger Werk jährlich rund 1.200 Flügel mit einem Verkaufswert von je 70.000 bis 160.000 Euro. Hinzu kommen gut 200 Klaviere für je 35.000 bis 40.000 Euro und schließlich zahlreiche individuelle Sonderanfertigungen. Hier sieht Manfred Sitz einen weiteren bedeutenden Trend für die Zukunft des Flügelbaus – neben dem Selbstspielsystem „Spirio“: „Die meisten Menschen möchten nicht nur exklusiven Klang, sondern auch exklusives Design. Einen schwarz-polierten Flügel besitzen Viele, daher werden immer mehr Instrumente zum Beispiel mit einem einzigartigen Furniermuster versehen.“

Wer allerdings einen individuell gestalteten Flügel erwerben möchte, muss sich aufgrund der guten Auftragslage rund ein Jahr gedulden – und auch das nötige Kleingeld mitbringen: 2017 wurde in den USA der bislang teuerste Flügel des Unternehmens für 2,4 Millionen US-Dollar verkauft. Es war der 600.000. Flügel von Steinway & Sons – eine Sonderanfertigung des Designers Frank Pollaro mit eingearbeiteter Fibonacci-Spirale auf hochwertigem Makassar-Furnier. Auch Karl Lagerfeld gestaltete schon eine limitierte Flügel-Edition. Gerade erst hat das Unternehmen zusammen mit BAP-Frontmann Wolfgang Niedecken und dessen Keyboarder Michael Nass, der zum erlesenen Kreis der rund 2.000 Steinway-Künstler zählt, eine limitierte Flügelserie mit der aus dem Gitarrenbau bekannten „Sunburst“-Lackierung entworfen. Mit der gut laufenden Serie „Crown Jewels“ (Kronjuwelen) bietet Steinway Musik- und Furnierliebhabern individuelle Oberflächen der Holzsorten „Ostindisch Palisander“, „Amberbaum“, „Mahagoni Pommelé“, „Indischer Apfelbaum“ und „Makassar Ebenholz“ und dazu einen in jeder Tastenklappe eingelassenen, zertifizierten Diamanten.

Doch nicht nur für das individuelle Design, sondern auch für die Klangqualität spielt die Auswahl des Holzes im Flügelbau bei Steinway & Sons eine tragende Rolle. „Alles muss perfekt zusammenpassen – von der Klaviatur und den Saiten über die Gussplatte und die Hämmer bis hin zum Rim und zum Resonanzboden“, weiß der jüngst ausgeschiedene Geschäftsführer. Der Rim ist das äußere Gehäuse des Flügels. Er besteht aus bis zu 20 Schichten aus hochwertigem Ahorn und Mahagoni, die in nur einem Arbeitsgang gepresst und verleimt werden. Für den Resonanzboden kommt das Holz von Sitka-Fichten aus Alaska zum Einsatz. Aufgrund des kalten Wuchsortes besitzt es die gewünscht eng aneinander liegenden Jahresringe. Der Verschnittfaktor von rund 60 Prozent verdeutlicht die erlesene Auswahl des Holzes für den Resonanzboden. „Ich kann es nicht in Kilo oder Euro bemessen, aber im Zusammenspiel mit den anderen Komponenten besitzt das Holz einen enormen Stellenwert für den Klang jedes einzelnen Instruments“, sagt Holzliebhaber Manfred Sitz, der sich viele Jahre auch als Vorsitzender des Verbandes Holz- und Kunststoff Nord-Ost e.V. sowie im Präsidium des Hauptverbandes der Deutschen Holzindustrie (HDH) engagierte.

Manches in der Fertigung des Hamburger Unternehmens erinnert an den Möbelbau. Foto: HDH

Wirft man einen Blick in die Produktion von Steinway & Sons in Hamburg, so stellt man zunächst kaum einen Unterschied zur Fertigung eines Möbelherstellers fest. Es gibt vollautomatische CNC-Bearbeitungszentren und Tischler, die mit geschultem Blick Detailarbeiten verrichten. Es wird gehobelt, gesägt und geklebt. Furniere werden passgenau geschnitten und zusammengefügt. Dringt man allerdings tiefer in die Fertigung vor, so stößt man auf die Metallverarbeitung von Gussplatte, Saiten & Co. sowie auf eigens vom Unternehmen ausgebildete Klavierbauer, die die handwerklichen Vorarbeiten exakt zusammenfügen. Wenn alle Automatismen und Handgriffe planmäßig ausgeführt wurden, verpassen schließlich die musikalischen Genies von Steinway & Sons den Klavieren und Flügeln beim Intonieren und Stimmen ihren besonderen Klang. Insgesamt kann es bis zu zwölf Monaten dauern, ehe alle 12.000 Einzelteile zu einem Instrument in gewünschter Qualität verarbeitet wurden.

Diese Qualität ist auch in der Hamburger Elbphilharmonie selbstverständlich. Deutschlands modernstes Konzerthaus wurde mit insgesamt sechs Steinway-Flügeln ausgestattet. Von deren Klang und von den Fähigkeiten vieler großer Pianisten, aber auch von talentierten Newcomern möchte sich Manfred Sitz gerne auch weiterhin begeistern lassen. „Ich werde mein berufliches Abonnement für die Elbphilharmonie privat weiterführen, um die Konzerte dann womöglich sogar noch mehr genießen zu können als bisher“, schließt er mit einem Schmunzeln.

Text+ Fotos: HDH/FT

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