Ein Intermezzo und die Folgen

Wenn in dieser Woche turnusmäßig der Bautzener Stadtrat tagt, wird sich da Oberbürgermeister Alexander Ahrens zu seinem missglückten Ausflug in die große Politik äußern? Inzwischen ist es fast...

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Wenn in dieser Woche turnusmäßig der Bautzener Stadtrat tagt, wird sich da Oberbürgermeister Alexander Ahrens zu seinem missglückten Ausflug in die große Politik äußern? Inzwischen ist es fast schon wieder vergessen: Er wollte nichts weniger als neuer SPD-Vorsitzender werden. Bekannt wurde das Anfang August, als das mediale Sommerloch am tiefsten war. Das Presseecho ließ alles in allem trotzdem zu wünschen übrig.

Also Berlin statt Bautzen? Mit der ihm eigenen Bescheidenheit lieferte er wenigstens der in der Partnerstadt Heidelberg erscheinenden Rhein-Neckar-Zeitung (03.08.19) die Schlagzeile „Ein Oberbürgermeister kann auch SPD-Chef. Wie seine mit ihm für diesen Parteijob kandidierende Amtsschwester Simone Lange aus Flensburg war er sogar der Meinung, man könne beides unter einen Hut bringen.

Man wolle im Falle einer erfolgreichen Wahl nicht „auf dem Raumschiff Berlin anheuern“, sondern jeweils Oberbürgermeister(in) bleiben. Das versicherte Alexander Ahrens in einem Telefon-Interview mit dem Deutschlandfunk , für das er sich wohl nicht ungern sogar im Urlaub in Finnland stören ließ. Doch unverhofft kommt oft. Erst überraschte die Bewerbung um den Parteivorsitz, dann Anfang September die plötzlich Absage derselben. Diese zu verkünden, überließ Ahrens seiner Mitstreiterin Simone Lange. Vielleicht dachte er sich höflich: Ladys first. Vielleicht wollte er aber auch nur nicht der Überbringer dieser Kapitulation sein. Bei schlechten Nachrichten bleibt manchmal etwas am Boten hängen.

Zumal das innerparteilich chancenlose Ost-West-Duo aus der Kommunalpolitik letztlich kleinlaut eingestehen musste, das alles etwas unterschätzt zu haben. An Mahnern hatte es allerdings nicht gefehlt. Ehrenamt hin oder her: Ein Parteivorsitz ist kein Nebenjob, zumal die desolate SPD alles andere als ein Selbstläufer ist.

Es war nur ein rund vierwöchiges Intermezzo für Alexander Ahrens, doch es könnte Folgen für dessen Zusammenarbeit mit den Stadträten haben. Diese war bereits vor der Kommunalwahl etwas problematisch. Nicht vergessen ist der politische Sündenfall des Oberbürgermeisters, der sich als Parteiloser ins Amt wählen ließ und dann in die SPD eintrat. Doch nun haben sich die Konstellationen im Stadtparlament geändert. Es gibt einen dominanten bürgerlichen Block, gegen den Ahrens kaum ankommen wird. Jetzt kann und muss er seine oft erklärte Bereitschaft zum pragmatischen Handeln unter Beweis stellen.    

So mancher Stadtrat wird den misslungenen Versuch des OB, sich in die große Politik abzusetzen, als versuchte Fahnenflucht ansehen. Der „Oberlausitzer Kurier“ (14.09.19) hörte sich vor einigen Tagen unter Stadträten um. Demnach verlangt das Bürgerbündnis, dass sich der OB „künftig voll auf seine Wahlfunktion konzentriert“. Auch die AfD-Fraktion hat „dringenden Gesprächsbedarf“. Bestätigt fühlen dürfte sich die CDU. Dort hat man nicht vergessen und beizeiten darin erinnert, dass Ahrens noch in seiner Halbzeitbilanz als OB diesen Posten einen Vollzeitjob nannte.  

Die Partei Die Linke findet es erfreulich, dass sich Alexander Ahrens entschieden hat, „seine ganz Kraft auf die Stadt zu konzentrieren“. Dabei hatte deren Fraktionschef seinerzeit die Kandidatur von Ahrens noch als ein „gutes Signal“ bezeichnet. Die SPD brauche eine konsequente Neuaufstellung, sagte Steffen Grundmann der lokalen „SZ“ (02.08.19), und das werde nur „mit unverbrauchten Köpfen von der Basis gelingen“. Also kein sozialdemokratischer Parteisprecher hätte es besser formulieren können. Damals wurde seitens der SPD-Fraktion die Bewerbung von Ahrens um den Parteivorsitz noch als „gut durchdacht“ bezeichnet. Was sie nicht war, wie sich bald darauf zeigte.

Ein wortloses Übergehen zur kommunalen Tagesordnung sollte es besser nicht geben. Zumal inzwischen bekannt wurde, dass Ahrens nicht locker lässt und nun für den SPD-Bundesvorstand kandidieren will. Vielleicht kommt er ohne diese Art von öffentlicher Reputation nicht aus. Dabei wäre es hilfreicher, den Freuden der Pflicht mehr abzugewinnen. Nur mit dem SPD-Parteibuch in der Hand lässt sich die OB-Wahl in drei Jahren nicht gewinnen. Und Alexander Ahrens will nochmal antreten. Um die eingangs erwähnte Schlagzeile der RNZ etwas abzuändern: Dafür muss ein Oberbürgermeister aber zeigen, dass er Oberbürgermeister sein kann.      

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