Ernst Christop August von der Sahla stammte aus einer alten Adelsfamilie mit Stammsitz im Schloß Schönfeld. Er wurde am 10. Dezember 1791 in Dresden geboren und protestantisch getauft. Der Sohn des Rittergutsbesitzer von der Sahla mit Gütern in Mittel – und Obersohland. Sohland – , heute einwohnerstärkste Gemeinde des Landkreises Bautzen – erhielt in der Herrnhuter Brüdergemeine in Niesky eine Ausbildung. Der Sohn kränkelte und wurde zu einem Kuraufemthalt nach Karlsbad geschickt. Dort nahm der Jugendliche ersten Kontakt zu einem Geheimbund gegen die Tyrannschaft Napoleon Bonapartes auf. Sahla entschied sich während der Studentenzeit in Leipzig zum katholischen Glauben und wurde fanatischer Napoleonhasser. Er zeigte seine Haltung offen und hielt drohende Reden gegen den Kaiser der Franzosen. Neben seinem Studium der Rechtswissenschaft, Theologie und Geschichte, übte er sich im Schießen, kaufte Pistolen, Säbel und Dolche. Sein Plan war ein Attentat auf Napoleon. Das fiel natürlich dem Geheimdienst, der Universität und diplomatischen Kreisen auf und er stand fortan unter Beobachtung. Die sächsische Polizei nahm nachweislich Kontakt zu Bekannten und Freunden auf, um nützliche Informationen über ihn und seine bevorstehende Reise zu erhalten.
Der Leipziger Student stieg sich in die Wut gegenüber des Franzosen und reiste angeblich als Bildungs- und Genesungsreise deklariert, zunächst nach Frantfurt am Main, wo ihn Freunde finanzielle Unterstützung gewährten. Doch so richtig schien die Weiterfahrt nicht zu klappen und es wird in einer Chronik von mehrfachen Alkohogenuss gesprochen. Ein unbekannter Begleiter soll ihn an seine „Pflicht“ zu Ostern in Paris erinnert haben. Es liegt nahe, dass er im Auftrag oder zumindest im Wissen Dritter handeln sollte. Einfluss auf die Attentäterpläne hatten vermutlich Angehörige der katholischen Kirche. Schließlich führte die unterbrochene Reise mit der Postkutsche nach Paris. Er ließ sein Umfeld in Unwissen und hatte die Absicht, nie wieder nach Leipzig zurückzukehren. In Paris versuchte Sahlas sofort, dem Kaiser nahe zu kommen, um ihn mit einer Pistolenkugel zu töten. Dies sollte auf einer Feier zur Niederkunft seiner neuen Gemahlin, der Kaiserin Marie – Louise von Österreich geschehen. Warnungen aus dem Königreich Sachsen erreichten den französischen Polizeiminister. Die akademischen Lehrer der Universität hatten die sächsischen Behörden informiert. Der verhinderte Attentäter landete kurzerhand im Arrest und bekannte im Verhör freimütig: „Ja, ich wollte Napoleon töten, um die Franzosenherrschaft zu beseitigen. Ich bewundere den Attentäter Friedrich Staps aus Sachsen. Sein Attentat mißlang und er wurde zum Tode verurteilt. Er schlug das Gnadenangebot des Kaisers aus. Wie Staps appeliere ich: Es lebe die Freiheit! Es lebe Deutschland! Tod seinen Tyrannen!“
Tatsächlich war Napoleon vom Gnadengesuch des Attentäters Staps beeindruckt und er lockerte die Forderungen an Östereich und führte die unterbrochenen Friedensverhandlungen fort. Doch was bedeutete dieses mißlungene Attentat für Napoleon? Ein Attentäter aus dem verbündeten Sachsen und dazu noch einer aus dem Adelsgeschlecht? Für Napoleon eine heikle Angelegenheit. Kurzerhand ließ Napoleon den adligen Sahla für verwirt erklären und unter schonenden Bedingungen als Irrer festhalten. Nach drei Jahren wurde Sahla durch den russischen Zaren Alexander I. freigelassen. Napoleons große Zeit war geschwunden und er wurde nach der Völkerschlacht bei Leipzig zur Abdankung gezwungen und auf die Insel Elba verbannt. Nach seiner Rückkehr versuchte der junge Sahla erneut ein Attentat. Er fuhr wieder nach Paris, um den zutieft verhassten Kaiser zu töten. Er bereitete das Attentat gewissenhaft vor, doch bei einer Sprengstoffexplosion, vorgesehen für Napoleons Ermordung, erlitt Sahla schwere Verletzungen. Er kam erneut in Haft, doch wurde nach Napoleons erneuter Niederlage, der Schlacht bei Waterloo, freigelassen. Unter Marschall Blücher hatten die preußischen Truppen die Herrschaft Napoleons beendet. Der Franzose wurde wiederum verbannt, diesmal auf die britische Insel St. Helena.
Von der Sahla war inzwischen ein gebrochener, kranker Mann. Ein Selbstmordversuch mißlang und er litt noch mehr unter der Krankheit. Kurz darauf verstarb der 24 – jährige und wurde in Paris in einem unbekannten Grab beigesetzt.
Ernst Christophs Schwester Henriette Magalene von der Sahla blieb unverheiratet und starb 66 Jahre nach dem Tod ihres Bruders in Dresden. Die Gutsherrin erließ armen Kindern das Schulgeld, entdeckte ein Verfahren, den Flachs ohne vorheriges Rösten spinnbar zu machen. Nach ihrem Tod 1891 erlosch mit ihr ein altes sächsisches – thüringisches Geschlecht.
Der letzte männliche Sproß, ihr Bruder, ging als Attentäter in die Geschichte ein.
Text: Dietmar Sehn
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