Bautzen. (K.K.) Begegnet man Wanderern mit einem Rucksack, an dem eine Jakobsmuschel baumelt, so ist klar, man hat eine Pilgerin oder einen Pilger vor sich, denn die Muschel ist das Symbol des Jakobsweges. Manchmal ist es aber nicht so einfach einen Pilger zu erkennen, besonders nicht am Abend ohne Rucksack und ohne Jakobsmuschel. Und wer käme schon auf die Idee, dass eine junge Frau, die bei einer Temperatur von 6° C in Flip-Flop´s auftaucht, eine Pilgerin sei? Annika W. wollte in Bautzen nach einem langen Pilgertag einfach mal ihre Wanderschuhe los sein. Die gebürtige Thüringerin, die jetzt im Allgäu wohnt, wollte sich mit ihrer alten Heimat aussöhnen.
In Görlitz begab sie sich für eine Woche auf den Pilgerweg und wollte dann in Richtung ihrer Heimatstadt pilgern, je nachdem wie
weit sie kommen würde. Denn „Der Weg ist das Ziel“, wie sie selbst sagte. Eigentlich sehr mutig, als Frau so ganz allein unterwegs zu sein. Aber sie fühlt sich auf dem Weg ins Ungewisse trotzdem irgendwie behütet.
Der Jakobsweg orientiert sich am Verlauf der historischen Via Regia, einer alten Handelsstraße. Schon vor langer Zeit wandelten auf diesen Pfaden Händler und auch Pilger. Der Jakobsweg ist der bekannteste Pilgerweg, er führt bis nach Santiago de Compostela in Spanien. Aber ganz so weit wird sie in den paar Urlaubstagen nicht laufen können.
Zumindest war sie schon in Bautzen in der Töpferstraße, in einer der Pilgerherbergen angekommen und lief weiter zum Kloster St.
Marienstern. Dieser Tag endete im Nebelschützer Heldhaus, wo sie ganz allein übernachtete. In der nächsten Station in Schwosdorf (bei Kamenz) war es gesellig, denn dort trafen sich drei Pilger und man tauschte sich über die Erlebnisse aus. Annika meint: „Man lernt wieder die ganz einfachen Dinge zu schätzen, die im Alltag sonst so selbstverständlich sind. Man empfindet wieder Dankbarkeit für eine Dusche und ganz kleine Sachen. Im Laufen kann man gut zu sich selbst finden und die eigene „innere „Stimme“ wieder wahrnehmen. Denn unter der Last oder der Hektik des Alltags, umkreist von vielen Anderen, erkennt man oft sein eigenes Inneres nicht.“ Von Weitem rief es „Buen camino!“, was Guten Weg! bedeutet. „Die erste Pilgerin, die ich dieses Jahr sehe!“, rief der Schäfer herüber. Es gab einige außerordentliche Begegnungen auf dem Pilgerweg, unverhoffte Helfer, eine private Bautzener Stadtführung oder Einladungen. „Jeder hat wohl seinen eigenen Grund zu pilgern und macht seine eigenen Erfahrungen“, so Annika. Aber Begegnungen besonderer Art, die sollte man einplanen, denn irgendwie ist es doch auch ein besonderer Weg! Na,
dann: „Buen camino!“
Foto+ Text: Kerstin Kunath