Alte, wollt ihr ewig leben?

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) ist 35 Jahre alt. Ein Alter, in dem man gemeinhin vor Gesundheit und Schaffenskraft nur so strotzt, die Naivität der Jugend abgelegt hat und...

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Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) ist 35 Jahre alt. Ein Alter, in dem man gemeinhin vor Gesundheit und Schaffenskraft nur so strotzt, die Naivität der Jugend abgelegt hat und mit beiden Beinen fest im Leben steht. Kurz, nachdem die Krankenkassen jetzt Rekordgewinne in Milliardenhöhe vermelden, die aber nicht an die Versicherten zurückbezahlt werden, wirft der Minister einen Blick in die Zukunft. Er sucht nach Einsparpotenzial für das Gesundheitssystem von morgen. Sein Vorschlag, den auch Philipp Mißfelder (32, CDU) bereits vor neun Jahren schon einmal aufs Tapet gebracht hatte: Alte Menschen sollen nicht mehr jede medizinische Behandlung erhalten. Das hört sich zunächst einmal nicht völlig unvernünftig an. Denn wo immer es Geld zu verdienen gibt, schlagen Menschen erbarmungslos zu. Da werden schon einmal über 90-jährige Patienten mit allerlei sinnlosen Mitteln behandelt, weil die Kassen es ja zahlen. Vor allem Privatversicherte werden gerne als Melkkühe betrachtet, mit denen sich Umsätze von Kliniken  und Ärzten hervorragend steigern lassen. Aber: Wer will festlegen, ab welchem Alter Menschen zum Beispiel keine künstliche Hüfte oder kein Kniegelenk mehr eingesetzt bekommen sollen, wie Daniel Bahr es vorschlägt?

Es gibt 80-Jährige, die manchem 30-Jährigen sowohl körperlich als auch geistig weit überlegen sind. Dürfen diese Menschen künftig nicht mehr behandelt werden? Wer zieht die Grenzen? Wie  sollen diese definiert werden? Spinnt man die Idee von Daniel Bahr weiter, dann landet man irgendwann bei einer Überlegung, die die beiden Autoren William F. Nolan und George Clayton Johnson bereits in den 1970er Jahren in ihrem Roman „Logan‘s Run“ anstellten. In dieser Geschichte begeben sich alle Menschen des Jahres 2116 in eine Maschine, in der sie getötet werden.

Das Gesundheitssystem in Deutschland wurde als Solidarsystem entwickelt. Das heißt, dass alle füreinander einstehen: Jeder zahlt ein, und wer medizinische Hilfe benötigt, erhält diese auch – ohne Vorbehalte. Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte wurde dieses System immer weiter ausgehöhlt. Kein Mensch sucht sich aus, ob er eine Sehschwäche bekommt, die mit einer Brille korrigiert werden muss. Keiner möchte seine Zähne verlieren – beides zahlen die Krankenkassen nicht mehr vollständig. Überhaupt möchte niemand krank werden. Das Gesundheitssystem in seiner ursprünglich erdachten Form ist das sozialste System überhaupt. Es trägt dazu bei, dass Menschen ihre Arbeitskraft, ihre Mobilität und ihre Selbstständigkeit erhalten können. Deshalb spart ein vernünftiges Gesundheitssystem per se Kosten ein, die entstehen würden, wenn man alle Immobilen und Kranken dauerhaft pflegen müsste, anstatt sie zu heilen.

Der Vorschlag von Daniel Bahr ist inakzeptabel, weil er unmenschlich ist. Wenn der Minister selbst einmal 70 oder 80 Jahre alt ist, wird er mit Sicherheit anders denken. Vor allem, wenn er mit einer normalen Rente anstatt mit einer Luxus-Ministerpension leben müsste. Würde sich Bahr ernsthaft Gedanken über die Kosten dieses Systems machen, müsste er zuerst dessen Missbräuche beseitigen. Es ist viel besser, älteren Patienten ein neues Kniegelenk zu gewähren, als zum Beispiel dem in seiner Funktion völlig sinnlosen Geschäftsführer des seit drei Jahren funktionslosen IKK-Bundesverbands für vier Arbeitstage pro Monat ein Einkommen von 11.000 Euro zu gewähren. Plus 15.000 Euro monatlich, mit denen dieser seine eigene Rechtsanwaltskanzlei beauftragt. Und dann wären da noch die Vorstände der Krankenkassen, die Pharma-Unternehmen, die Medizintechnik-Hersteller, und, und, und….

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