Wenn der Dativ dem Akkusativ sein Tod ist
Bautzen. (P.P.) Manchmal kann ein Komma oder ein Buchstabe über Leben und Tod entscheiden. Zar Peter dem Ersten wurde einmal ein Satz vorgelegt im Zusammenhang mit der Verurteilung eines Diebes: „Hängen nicht laufen lassen.“ Man bat den Zaren das Komma zu setzen … In Bautzen ist bei der Ankunft nicht das Komma, sondern ein Buchstabe oder auch ein Kasus kriegsentscheidend: Auf den Bahnhof müssen oder auf dem Bahnhof müssen. Ersteres kann durchaus angenehm sein, etwa wenn man eine schöne Reise antritt oder eine liebe Person abholt. Aber in Bautzen auf dem Bahnhof müssen führt zu mittelschweren Alpträumen. Vielleicht nicht immer, aber am Wochenende stehen die Chancen dafür gut.
Ich kam unlängst an einem Sonnabendmorgen nichtsahnend auf dem Bautzener Bahnhof an und verspürte ein dringendes Bedürfnis. Schnell mal müssen kann in Bautzen übrigens buchstäblich in die Hose gehen, denn erst hat man passend 50 Cent in einen Zahlkasten zu werfen. Zum Glück hatte ich das Kleingeld parat, aber über das, was ich danach sah, schweige ich lieber… Schwer unter Schock taumelte ich ins Reisezentrum und fragte nach, wer für das Desaster am stillen Örtchen zuständig sei. „Wir, die Bahn, nicht!“ lautete erwartungsgemäß die Antwort. Es werde dort einmal täglich gereinigt, außer am Wochenende, da gäbe es kein Geld für das Personal. Die Stadt kümmere sich auch nicht.
Dabei ist doch der Bahnhof die Visitenkarte einer Stadt. Für den, der mit dem Zug ankommt, ist unter Umständen das Bahnhofs-WC der erste Eindruck. Und dieser Eindruck sollte normalerweise nicht vernichtend ausfallen. Übrigens mag man sich den Zustand des Bautzener Bahnhofs-Klos am Sonntagabend lieber nicht vorstellen, wenn es einem schon am Sonnabendmorgen graut. Und da sich schräg gegenüber der Eingang zum Informationsbüro der Löbauer Landesgartenausstellung befindet, ist anzunehmen, dass sich des öfteren Leute hierher verirren. Auf jedem noch so preiswerten Campingplatz in Kroatien wird alle zwei Stunden geputzt, so sollten doch mindestens drei „Kontrollgänge“ am Tag das Mindeste für ein Bahnhofs-WC in einer Stadt wie Bautzen sein, auch und erst recht am Wochenende! Dann wird es auch keinem Besucher mehr, der beim Müssen ahnungslos dem Akkusativ vertraut, vor dem Dativ grauen.
Foto: Pieter Pottgieter
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