Der BautzenerBote sprach mit dem Landratsamt Bautzen zur aktuellen Situation um den Husarenhof in Bautzen.
Wie kam es zur Entscheidung, den Husarenhof als Flüchtlingsheim zu nutzen, wohl wissend, dass Einheimische dadurch ihre Arbeitsplätze verlieren?
Das „Einheimische Arbeitsplätze verlieren“, war und ist uns nicht bekannt. Wir wussten, dass es im Husarenhof Mieter gibt. Die Namen waren uns zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht bekannt. Der Hotelbetreiber hatte bereits im Oktober aus eigenen Erwägungen heraus seinen Mietvertrag nicht verlängert. Der Eigentümer hat uns gegenüber erklärt, dass er die Mietverhältnisse kündigen möchte. Dies war seine unternehmerische Entscheidung.
An dieser Stelle möchten wir uns bei den ehemaligen Mietern entschuldigen und um Verständnis für unsere Zwangslage bei der Unterbringung von Flüchtlingen bitten. Damit wir unsere Zusage „keine Unterbringung in Turnhallen, welche für den Schul- und Vereinssport genutzt werden“ einhalten können, müssen wir jede verfügbare und wirtschaftlich vertretbare Unterkunft nutzen. Wir hätten das Objekt auch ohne die derzeit genutzten Mieträume angemietet, allerdings wollte der Eigentümer nur komplett vermieten. Den Ärzten haben wir angeboten, als Untermieter im Objekt zu bleiben. Dies haben sie mit Verweis auf die geplante Nutzung abgelehnt. Die Stadt Bautzen bietet den gekündigten Mietern Hilfe bei der Suche nach neuen Räumen an.
Warum werden nicht freie Gewerbeflächen (Großpostwitz, Bautzen- Salzenforst oder Bautzen – Gesundbrunnen/ Marktkauf) genutzt, um Flüchtlinge gegebenfalls auch in Containern wohnen zu lassen?
Leider ist es derzeit so, dass Container auf dem freien Markt nicht mehr zur Verfügung stehen. Einzelne noch vorhandene Angebote sind so teuer, dass wir eine Anmietung aus Kostengründen nicht vertreten können. Als Verwaltung sind wir steuerfinanziert und damit verpflichtet, sorgsam mit diesen Geldern umzugehen. Mit dem Angebot, den Husarenhof als Flüchtlingsunterkunft zu nutzen, hat uns ein Privater ein wirtschaftlich vertretbares Angebot gemacht.
Welchen Einfluss bei der Einquartierung von Flüchtlingen haben die Bürger? Ist es möglich, dass nur Frauen mit Kindern oder Familien in den Husarenhof einziehen?
Leider nein. Wir bitten um Verständnis, dass wir die Bürger nicht fragen können, ob er mit dem oder jenen Flüchtling einverstanden ist. Wir erhalten derzeit wöchentlich zwischen 50 und 80 neue Flüchtlinge. Diese werden dann auf die vorhandenen Heime verteilt. Bei der Belegung unserer Heime achten wir grundsätzlich darauf, dass eine gute Mischung aus Familien und alleinreisenden männlichen Flüchtlingen entsteht. Dies sichern wir auch für den Husarenhof zu. Gleichfalls achten wir darauf, dass Herkunftsländer und Religionen passen. Damit wird mögliches Konfliktpotential reduziert.
300 Flüchtlinge sind sehr viel. Ist das definitiv? Oder passiert das selbe wie im Spreehotel? Eine Erhöhung von 100% innerhalb von 12 Monaten.
300 Plätze sind die Gesamtkapazität im Husarenhof. Die Erhöhung im Spreehotel erfolgte aufgrund der Tatsache, dass nicht ausreichend Plätze für die Unterbringung von Flüchtlingen vorhanden waren. Das Spreehotel hatte diese Kapazitäten, so dass eine Erweiterung möglich war. Es ist leider so, dass der starke Zustrom an Flüchtlingen uns vor die Tatsache gestellt hat, dass zu wenige Unterkünfte vorhanden waren. Alternativen, wie Zeltstädte und die Belegung von Turnhallen waren und sind für uns keine Alternative. Daher nutzen wir jeden verfügbaren Platz in unseren Heimen.
Der Landkreis hatte ursprünglich 150 Plätze im Spreehotel angemietet. Aktuell leben dort 250 Menschen. Eine 100% Erhöhung – so wie in Ihrer Frage formuliert – ist demnach nicht richtig.
Es werden sicherlich Probleme auftreten. Können Sie die Sorgen der Bürger nachvollziehen?
Sachlich vorgetragene und nachvollziehbare Bedenken der Bürger nehmen wir sehr ernst. Für billige Polemik und Hetze gegen Flüchtlinge haben wir kein Verständnis. Aus den Erfahrungen von anderen Standorten im Landkreis Bautzen möchten wir darauf hinweisen, dass bei ausreichender Betreuung und Akzeptanz im Umfeld ein gutes Miteinander zwischen Flüchtlingen und Anwohnern möglich ist.
Um die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten, arbeiten Landkreis, Polizei und Heimbetreiber eng zusammen. Im Heim selber sorgt ganztägig das Heim- und Wachpersonal dafür, dass die Hausordnung eingehalten wird.
Anwohner können ihre Fragen gern an uns senden. Eine Anwohnerversammlung findet am 26.1., 19 Uhr, im ehemaligen Möbelgeschäft- A & V Fa. Richter, Dr. Peter-Jordan-Str. 21 / Ecke Schlachthofstraße statt.
Viele Bürger beschweren sich, dass sie die Entscheidung aus der Zeitung erfahren haben. Warum funktioniert die Kommunikation zwischen Bürgern und Landratsamt scheinbar nicht?
Der Vertrag mit dem Husarenhof-Eigentümer wurde kurz vor Weihnachten geschlossen. Wir haben die Information am 29.12.2015 als Pressemitteilung versendet. Eine persönliche Information erfolgte nicht.
Briefe wären erst im neuen Jahr angekommen. Durch die Schnelligkeit der Medien, insbesondere der Verbreitung von Nachrichten über das Internet, wäre die Neuigkeit schon verbreitet gewesen, bevor die Briefe da sind. Dann hätten wir als Verwaltung wieder den Vorwurf von den Bürgern erhalten “ …es stand schon im Internet oder in der Zeitung, warum kommt der Infobrief danach?“
Daher haben wir uns für die neuen Objekte entschieden, nur noch über die Medien zu informieren. Dies ist auch die Grundaufgabe der Medien. Rundfunk, Fernsehen und Zeitungen sind dazu da, Neuigkeiten zu verbreiten. Im Übrigen ist das Flüchtlingsthema derzeit allgegenwärtig. Daher kann und muss jeder Bürger damit rechnen, dass in seiner Nachbarschaft Flüchtlinge einziehen.
Abschließend möchte ich kurz darauf eingehen, warum die Bürger kein direktes Mitspracherecht bei der Entscheidung zu Flüchtlingsunterkünften haben: In Deutschland gibt es eine sog. repräsentative Demokratie. Das heißt: Das Volk wählt seine Vertreter auf Bundesebene in den Bundestag, auf Landesebene in die Landtage und auf der kommunalen Ebene in die Kreistage und in die Stadt- und Gemeinderäte.
Diese gewählten Gremien regeln unter anderem das Zusammenleben in Deutschland. Dies geschieht durch den Erlass von Gesetzen und Verordnungen. Vollzogen werden diese durch die Verwaltungen (wie zum Beispiel durch das Landratsamt Bautzen). Wie Gesetze und Verordnungen vollzogen werden, unterliegt keiner demokratischen Mitbestimmung.
Die Rechtsgrundlage für das Schaffen von Flüchtlingsunterkünften ist das Sächsische Flüchtlingsaufnahmegesetz. Demnach hat der Landkreis Flüchtlingsunterkünfte bereit zu stellen. Deutschland ist ein Rechtsstaat. Ob der Landkreis will oder nicht – er hat als Verwaltung die Gesetze zu vollziehen.
Vielen Dank für das Gespräch.
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