Neuwahlen in Sachsen, oder was?

Plenarsaal mit Besuchertribüne 2015. Foto: Steffen Giersch Alles spricht von den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. Und von der AfD. Was aber wäre, wenn in Sachsen die Wahlen...

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Plenarsaal mit Besuchertribüne 2015. Foto: Steffen Giersch

Alles spricht von den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. Und von der AfD. Was aber wäre, wenn in Sachsen die Wahlen von 2014 wiederholt werden müssten? Laut der „Sächsischen Zeitung“ ist das mehr als nur ein Gedankenspiel.

Aber lassen wir erst einen medialen Meinungsführer zu Wort kommen, den „Spiegel“ aus Hamburg. Dieser hatte online am 6. Februar dieses Jahres mal wieder die Alternative für Deutschland (AfD) ins Visier genommen und meldete, dass dem von Frauke Petry geführten Landesvorstand in Sachsen vorgeworfen wird, „einen bereits aufgestellten Kandidaten von der Landesliste wieder gestrichen zu haben, weil er keine Kreditleistungen an die Partei erbringen wollte“. Bei den Anhörungen im Landtag zu dieser Affäre hätte es Widersprüche gegeben und es drohen Strafverfahren wegen Meineids, insbesondere auch gegen Frauke Petry.

Viel mehr stand dazu nicht auf der „Spiegel“-Homepage. Für einen Seitenhieb gegen die AfD reichte das wohl. Wer mehr wissen wolle, musste das am gleichen Tag erscheinende Spiegel-Heft kaufen. Genau, dafür sind solche Appetizer da. Geschäft ist schließlich Geschäft. Oder dachten die Redakteure, es könnte – frei nach Thomas de Maizière – die Bevölkerung verunsichern, sich weiter auf das Thema einzulassen?

Aufmerksame Leser der „Sächsischen Zeitung“ konnten sich die 4,60 Euro für das Magazin mit den nicht ganz so aktuellen Nachrichten sparen. Das alles stand bereits eine Woche früher in ihrer Tageszeitung. Und wesentlich mehr! Jener Beitrag am 30./31. Januar thematisierte zwar auch das eventuelle Fehlverhalten in den Reihen der Sachsen-AfD, machte jedoch die möglichen Folgen gleich zur Schlagzeile: „Sachsen droht weiter Neuwahl“. Ohne Fragezeichen wohlgemerkt.

Worum es geht, sei hier kurz geschildert: Der AfD-Landesvorstand hatte eines der Parteimitglieder nachträglich von der Landesliste für die Wahlen 2014 genommen, obwohl diese vom AfD-Parteitag bereits abgesegnet war. Die als politische Alternative erstmals antretende Partei erreichte dann in Sachsen aus dem Stand 14 Sitze im Landtag. Das gestrichene Mitglied wäre dabei gewesen. Es folgte eine Beschwerde beim Wahlprüfungsausschuss des Landtages, den übrigens ein Bautzener, der CDU-Abgeordnete Marko Schiemann, leitet. Bei den Anhörungen in diesem Gremium gab es die erwähnten widersprüchlichen Aussagen.

Dieser Tage kommt der Ausschuss wieder zusammen. Endgültig geklärt ist noch nichts. Inzwischen hat aber ein Abgeordneter der Linken vorsorglich Frauke Petry wegen Meineides angezeigt. Dass es zu einer Anklage kommen könne, sei „theoretisch möglich“, darauf hatte die die „SZ“ schon vorher hingewiesen. Folgendes Szenarium ist nun denkbar: Der Ausschuss erkennt die Beschwerde an, der Landtag bestätigt das – und es muss neu gewählt werden! Nicht nur in einem Wahlkreis, wie Marko Schiemann betont, sondern im ganzen Freistaat. Schließlich ging es um einen Landeslistenplatz.

Den etablierten Parteien muss das vorkommen, als haben sie die Wahl zwischen Pest und Cholera. Wenn die Untersuchung mit aller Konsequenz durchgezogen wird, muss die Vorsitzende der Landes-AfD vielleicht wegen Falschaussage vor Gericht. Eine politische Kontrahentin wäre diskreditiert. Wird auf eine Manipulation der AfD-Landesliste erkannt, müsste es jedoch Neuwahlen geben, oder? Womit die abgestrafte Partei unverhofft die Chance bekäme, noch mehr Plätze im Landtag zu gewinnen. Dafür spricht ja vieles. Denn 9,7 Prozent der Wählerstimmen waren es bereits 2014. Die Zahl jener Bürger ist groß, die meinen, dass es zur Berliner Politik durchaus eine Alternative gibt. Und das schlägt durch auf die Entscheidungen in den Bundesländern. Zweistellige Ergebnisse für die AfD sind an der Tagesordnung. Sogar im Westen, wo die AfD noch immer gern als minderwertiges „Ostprodukt“ abgetan wird.

Nun, Marko Schiemann hofft, dass die AfD in seinem Ausschuss noch zur Wahrheitsfindung beiträgt, wie es in einem weiteren SZ-Beitrag (13./14.2.) heißt. In dem übrigens das Wort „Neuwahl“ nicht mehr vorkommt. Ist die AfD reumütig oder was auch immer, fällt die Beurteilung sicher nicht so harsch aus. Die Affäre wäre keine. Beide Seiten wären zufrieden.

Der Sächsische Landtag sicher auch. Dieser befindet im April über die Empfehlung des Wahlprüfungsausschusses. Wenn der aber nun tatsächlich Neuwahlen vor schlägt? Die Abgeordneten müssten dann letztlich über sich selbst, über ihr 2014 gewonnenes Mandat, über ihre politische Zukunft entscheiden. Es ist unwahrscheinlich, dass sie diese aufs Spiel setzen. Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Und in der Politik kocht nun mal jeder sein Süppchen.

Hans-Georg Prause

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