Wie wird sich der Miet- und Immobilienmarkt in Bautzen entwickeln? Wird Bautzen einen Bevölkerungsrückgang auf unter 35.000 Einwohner erleben oder eher ein Bevölkerungswachstum? Wir fragten zum aktuellen Immobilienmarkt in Bautzen die Immobilienmaklerin Heike Baumann sowie die Immobilienmakler Jens Zuschke und Michael Anders.
Wie schätzen Sie aktuell den Mietmarkt in Bautzen ein? Steigen die Mietpreise?
Heike Baumann: „Natürlich versucht man, die Kaltmieten dort, wo es längst überfällig ist, dem heutigen Niveau anzupassen. Jedoch haben wir bzw. die Vermieter auch immer die steigenden Betriebs- und Heizkosten im Blick, die von den Mietern ebenfalls gestemmt werden müssen. Deshalb gehen wir davon aus, dass die Kaltmieten nicht großartig steigen werden.„
Jens Zuschke: „Die Mietpreise sind in den letzten Jahren gestiegen und derzeit stabil. Da jedoch der ein oder andere Traum vom Erwerb der eigenen Immobilie zerplatzt ist, kann sich dies auf die Entwicklung und Nachfrage nach an zu mietenden Wohnraum steigend im Mietpreis auswirken.„
Michael Anders: „Aktuell sind die Mietpreise stabil und gleichbleibend. Nach der offensichtlichen Zurückhaltung der Mietinteressenten wegen der entstandenen Verunsicherungen betreffs der aktuellen Politik und der Inflation erhalten wir jetzt wieder zahlreiche Anfragen nach Mietwohnungen. Künftig werden die Kaltmietpreise wohl nicht ansteigen, sondern weiterhin gleichbleibend sein.“
Durch die steigenden Zinsen werden weniger Einfamilienhäuser gebaut. Wie schätzen Sie da die Situation in den nächsten Monaten ein?
Heike Baumann: „Ob weniger Einfamilienhäuser gebaut werden, können wir nicht einschätzen, da wir hauptsächlich mit dem Verkauf gebrauchter Immobilien beschäftigt sind. Anfang des Jahres konnte man beobachten, dass die Nachfrage und auch die Angebote von gebrauchten Immobilien weniger wurden, aber jetzt können wir sagen, dass der Immobilienverkauf wieder Fahrt aufnimmt.“
Jens Zuschke: „Leider nicht gut ! Die Baubranche schaut auf leere Auftragsbücher. Gebrauchte Immobilien kommen somit wieder in den Fokus und am Besten verkaufen sich die, wo nur überschaubare Modernisierung anstehen, die ggf. auch von allein verrichtet werden können.„
Michael Anders: „Die Bevölkerung war die letzten 10 Jahre durch den Niedrigzins doch etwas verwöhnt und man hat sich Einfamilienhäuser bauen lassen, man hat sich aber sicherlich nur für 10 Jahre eine Zinsbindung vereinbart. Nun sind die Zinsen wieder meiner nach Meinung auf dem richtigen und auch gesunden Niveau, aber die Baupreise sind für viele Menschen zu hoch geworden und dazu kommen natürlich auch noch die Ausgaben für die Investitionen um umweltgerecht zu bauen.
Außerdem fallen noch die gestiegenen Nebenkosten bei Wohnungen und auch den Einfamilienhäusern ins Gewicht. Auch werden sicherlich die meist zu hohen Ansprüche der Kaufinteressenten eine Rolle spielen. Man sollte auch beim Bau eines neuen Einfamilienhauses bescheidener sein und in den jüngeren Jahren an die Zeit denken, wenn die Kinder ausgezogen sind und diese Einfamilienhäuser dann eigentlich viel zu groß sind. Diese Problematik trifft allerdings auch beim Kauf von modernisierungswürdigen gebrauchten Einfamilienhäusern zu. Zusätzlich muss beachtet werden, dass die Banken bei der Prüfung einer Finanzierung sehr, sehr gründlich vorsichtig geworden sind.“
Bautzen verliert Einwohner. Hat dies Auswirkungen auf den Immobilienmarkt und glauben Sie, dass die Preise/ Quadratmeter für Wohneigentum sinken oder eher steigen werden?
Heike Baumann: „Wir haben nicht das Gefühl, dass Bautzen Einwohner verliert. Ja, es gibt Mieter die nach Dresden oder in andere Bundesländer ziehen, aber wir haben auch viele Mietinteressenten, die nach Bautzen ziehen oder zurück in die alte Heimat ziehen wollen.“
Jens Zuschke: „Derzeit gibt es kaum freien Wohnraum in Bautzen. Die Nachfrage ist größer als das Angebot. Viele Ältere zieht es im Alter in die Städte wo die Infrastruktur besser ist. Nach wie vor fehlt es an attraktiven Wohnraum für Familien als auch altersgerechte Wohnungen in Bautzen. Hier sehe ich die Stadt in der Pflicht dies nicht aus dem Fokus zu verlieren. Bautzen erfreut sich ungebrochen einer Beliebtheit ,was sich auch nicht ändern wird.“
Michael Anders: „Diese Prognose habe ich schon vor Jahren aufgestellt, die geburtenreichen Jahre haben nach 1950 begonnen und waren Mitte der Siebziger Jahre zu Ende. Jetzt ist der Beginn wo sehr, sehr viele Menschen in die Rente gehen und demzufolge in den nächsten 10 – 30 Jahren versterben werden. Deshalb wird die Wohnungsnachfrage in den nächsten Jahren noch relativ stabil bleiben, die Nachfrage nach altersgerechten Wohnungen wird ansteigen.
Es könnte allerdings möglich sein, dass in 15 – 20 Jahren die Stadt Bautzen ca. 4.000 Wohnungen weniger benötigt werden und es zu zahlreichen Leerständen kommen wird. Beachten muss man auch die Bevölkerungsanteile, welche nach der Wende weggezogen sind und nun dessen Kinder und Enkelkinder uns hier jetzt fehlen.
Ein Beispiel: Als ich in die Diesterwegschule von 1963-1973 gegangen bin, waren wir oft pro Jahrgang 5 Klassen mit jeweils 40 – 45 Schüler. Heute haben wir einige wenige Schulen weniger, sie wurden ja auch geteilt und pro Jahrgang sind nur noch ca. 50 Schüler in einer Schule.
Dies bedeutet auch, dass wir jetzt erst den Anfang haben mit dem Arbeitskräftemangel und dieser sehr viel schlimmer wird. Auch werden sicherlich in der Zukunft die Preise bei den Handwerksunternehmen steigen, bedingt durch den Arbeitskräftemangel.“
Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen.
Mehr Infos zum Gesamtmarkt in Sachsen finden Sie hier.