Die aktuelle Energiekrise hat auch dramatische Auswirkungen auf die Investitionstätigkeit der Wohnungswirtschaft in Sachsen. 56,3 Prozent der Mitgliedsunternehmen des vdw Sachsen mussten nach einer aktuellen Umfrage geplante Projekte im Zuge der Energiekrise stoppen. Geplante Projekte verschieben oder neu planen mussten sogar 84 Prozent der Wohnungsunternehmen im Verband. „Diese Zahlen sind hochgradig alarmierend“, warnt Rainer Seifert, Verbandsdirektor des vdw Sachsen. „Weil der Wohnungswirtschaft durch eine verfehlte Energiepolitik gerade massiv Liquidität entzogen wird, bleibt den Unternehmen gar nichts anderes mehr übrig als dringend benötigte Investitionen zu stoppen oder abzusagen. Für die Energie- und Wärmewende im Gebäudesektor und das bezahlbare Wohnen der Zukunft ist das ein Rückschlag ohne gleichen. Die Politik muss jetzt dringend handeln!“
Von den eingefrorenen Maßnahmen sind laut Umfrage 69 Prozent Sanierungen bzw. Modernisierungen, 15 Prozent Instandhaltungsmaßnahmen und 9 Prozent Neubau (Rest Sonstige). Bei den geplanten Projekten, die die Unternehmen verschieben oder neu planen mussten, machen Sanierungen bzw. Modernisierungen ebenfalls den Löwenanteil aus (72 Prozent), Neubauprojekte (12 Prozent) und Instandhaltungen (10 Prozent) folgen mit großem Abstand dahinter (Rest Sonstige). „Wir erleben gerade eine scharfe Abbruchkante bei den Investitionen“, so Verbandsdirektor Rainer Seifert. „Dieser Einbruch wird neben katastrophalen Folgen für Energiewende und sozialen Wohnungs(um)bau auch spürbare Auswirkungen auf die Baubranche haben – von der Baustoffindustrie bis hin zu Handwerksbetrieben. Die Wohnungswirtschaft als Konjunkturmotor wird abgewürgt, während Deutschland in die Rezession schlittert.“ Betroffen von Investitionsstopps sind Wohnungsunternehmen in ganz Sachsen. „Sämtliche Ziele der Politik für den Wohnungsbau und die Energie- und Wärmewende sind Makulatur, wenn sich nicht dringend etwas ändert an den Rahmenbedingungen.“
Das drängendste Problem: Die Wohnungsunternehmen müssen als eine Art Inkassounternehmen für die Energiewirtschaft gerade Millionenbeträge bei den Nebenkosten vorfinanzieren. Das bindet dringend benötigte Liquidität und würgt damit Investitionen ab. Es drohen zudem immense Zahlungsausfälle, weil sich viele Mieterhaushalte die Nebenkostennachzahlungen im kommenden Jahr nicht mehr leisten können. Die Politik muss darauf dringend reagieren, sonst sind schon bald für viele Wohnungsunternehmen nur noch Notinstandhaltungen möglich. „Um die zum Teil existenzbedrohende Finanzlücke zu überbrücken, braucht es zinslose Darlehen für die Wohnungsunternehmen, die mit einer Ausfallbürgschaft von Land oder Bund ausgestattet sein müssen“, so Rainer Seifert.
„Eine weitere Lösungsmöglichkeit: Die Wohnungsunternehmen werden ermächtigt, die steigenden Energiepreise direkt an die Mieter weiterzugeben. Nachdem der Staat ein ähnliches Vorgehen für die Energieunternehmen ermöglicht hat, muss dies auch für die Wohnungswirtschaft möglich sein, die nichts mit den Energiepreisen und deren Steigerung zu tun hat.“ Es bedarf dafür zügig rechtlicher Klarstellungen und Neuregelungen, die eine Veränderung der Betriebskostenvorauszahlung auch unterjährig und ggf. sogar mehrmals jährlich möglich machen. Zugleich müssen Mieter, die die Mehrkosten nicht aus eigener Kraft tragen können, Anspruch auf ein bedarfsgerechtes „Heizgeld“ erhalten. „Dieses muss analog zum Wohngeld unkompliziert zu beantragen sein und schnell ausgezahlt werden“, so Rainer Seifert.