Von einer Brandnacht und Behinderungen, die keine waren

Es mag etwas großspurig klingen, doch als der Dachstuhl des Hotels „Husarenhof“ brannte, in dem Flüchtlinge untergebracht werden sollten, schaute die Welt auf Bautzen. Hoffentlich schaute dieser Tage,...

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Es mag etwas großspurig klingen, doch als der Dachstuhl des Hotels „Husarenhof“ brannte, in dem Flüchtlinge untergebracht werden sollten, schaute die Welt auf Bautzen. Hoffentlich schaute dieser Tage, genau gesagt am 27. März, auch jemand in „DIE WELT“ und las dort den Artikel „Die Brandlöscher von Bautzen“ von Kathrin Spoerr.

Während andere große Zeitungen das Thema längst abgehakt und die kleine Stadt im ach so fernen Ostsachsen – unbesehen, weil nie besucht – als „braunes Nest“ abgestempelt haben, ging die WELT-Redakteurin einen anderen Weg und dieser führte sie unlängst in die Stadt an der Spree. Sie lernte dort u.a. drei Feuerwehrleute kennen, die in den frühen Morgenstunden des 21. Februar am Käthe-Kollwitz-Platz dabei waren. Sie sprach mit ihnen über die Brandnacht. Und über deren Folgen. Aus erster Hand oder besser: aus berufenem Munde musste sie erfahren, dass eben nicht alles so war, wie es danach in vielen Zeitungen stand.

In einem Absatz ihres Artikels erinnert sie die Leser daran, was die Bautzener sowieso nicht vergessen werden: „Noch am gleichen Tag wendete sich die befriedigende Bilanz (gemeint ist die erfolgreiche Brandbekämpfung / HGP) ins Gegenteil. Ab jetzt ging es in der medialen Darstellung nur noch darum, dass Bautzen ein aus den Fugen geratenes Gemeinwesen sei.“

Spätestens seit ihren Recherchen vor Ort weiß Kathrin Spoerr, dass Bautzen eine intakte Kommune ist. Vielleicht hatte sie ja auch schon so etwas wie einen Anfangsverdacht, dass nicht alles so war, wie es in den Zeitungen stand. Ihr Eindruck: „In Bautzen leben 40.000 Menschen. Die Stadt ist fast schuldenfrei. Sie lebt vom Straßenbahnbau, vom Brückenbau, vom Tourismus und vom Senf. Der Ausländeranteil liegt bei drei Prozent, überwiegend Kubaner und Vietnamesen, die zu DDR-Zeiten kamen und geblieben sind. Zehn Prozent der Bevölkerung sind Sorben. Jedes Straßenschild, jede Ladenaufschrift ist zweisprachig. Das Fremde ist sozusagen alltäglich hier.“

Doch zurück zum Dachstuhlbrand des „Husarenhofes“. Die WELT-Redakteurin schreibt: Wenige Stunden nach Ende der Löscharbeiten stürzten sich die Medien auf Bautzen. Nicht nur die Brandstiftung stand im Mittelpunkt, sondern die Zuschauer: „Schaulustige bejubeln Brand in geplanter Asylunterkunft“, war zu lesen. Bürger hätten versucht, die Feuerwehr aufzuhalten. Von „massiven Behinderungen“ war die Rede. „Der Mob tobt in Sachsen“, stand am nächsten Tag in der „Zeit“. Die Demokratie sei hier „im Niedergang“.

Das Schlimme daran: All jene, die das gedankenlos auf- oder einfach nur abgeschrieben haben, hätten spätestens zwei Tage nach dem Brand wissen können, wie es wirklich war. Nur wollten sie das wahrscheinlich gar nicht. Ein Vorurteil zu pflegen ist einfach, weil es schon fertig ist. Nach Bautzen fahren, sich selbst ein Bild machen? Das war etwas wohl zu viel verlangt. Doch wäre nicht wenigstens ein Blick ins Internet drin gewesen? Auf der Homepage der Stadt Bautzen wurden Zahlen und Fakten der Feuerwehr zu ihrem Löscheinsatz am „Husarenhof“ veröffentlicht. Dort stand bereits, was Kathrin Spoerr nun von Kameraden der Bautzener Feuerwehr bestätigt bekam: Sie sind nicht behindert worden.

Dass noch manch anderes nicht stimmte oder maßlos übertrieben war, das alles können Sie selbst nachlesen. Den Link zu diesem WELT-Artikel finden Sie hier.

Was aber weder Kathrin Spoerr noch wir wissen: Wer hat denn nun den „Husarenhof“ angezündet? Auf die Beantwortung dieser Frage läuft vieles hinaus. Je länger es dazu keine offiziellen Aussagen gibt, umso lauter werden die Gerüchte. Es muss doch inzwischen Hinweise oder sogar Beweise geben, wo doch vor sechs Wochen für alle Welt die Gründe für die Brandstiftung schon klar waren, als die Dachbalken noch glühten. Vielleicht hilft ja eine öffentliche Diskussion bei den Ermittlungen sogar weiter.

Hans-Georg Prause

Der dieser Kolumne zugrunde liegende DIE WELT-Beitrag trägt jetzt eine andere Überschrift und wird stark kommentiert. Hier der aktuelle Link: http://www.welt.de
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