AWO fordert erneut öffentliche Debatte zur Zukunft der Jugendarbeit in Sachsen
Am 9. Februar 2010 erhielten die Kommunen und Freien Träger die offizielle Nachricht des Sächsischen Sozialministeriums, dass die Jugendpauschale drastisch von 14,30 Euro auf 10,40 Euro gekürzt werde. Mit der pro jungem Menschen von 0 bis 27 Jahren berechneten Jugendpauschale finanziert das Land die Jugendhilfe vor Ort mit. Die Kürzung um mehr als ein Viertel entlastete den Landeshaushalt um 5 bzw. 4,2 Millionen Euro in 2010 und 2011.
„Zwei Jahre nach der Kürzung der Jugendpauschale müssen wir leider feststellen“, so Margit Weihnert, AWO Landesvorsitzende: „Man hat gekürzt aber nicht gespart. Die Kosten des Rückbaus der sächsischen Jugendhilfelandschaft sind deutlich höher als die kurzfristige Entlastung des Staatssäckels. So etwas hat sich kein anderes Bundesland trotz schwieriger Finanzlage geleistet. Hinzu kommt, dass die Landespolitik damit der schleichenden Austrocknung der Jugendarbeit vieler Kommunen Vorschub geleistet hat.“
Nicht nur die AWO-Angebote der offenen und mobilen Kinder- und Jugendarbeit leiden seit Jahren unter einer Entprofessionalisierung. Die Finanzierung für hauptamtliche Fachkräfte wurde durch die örtlichen Jugendhilfeträger – je nach eigener Finanzkraft – gekürzt bis gestrichen. Eine Fachkraft muss zum Teil mehrere Jugendtreffs betreuen. Die sozialpädagogische Begleitung selbstverwalteter Jugendtreffs im ländlichen Raum wird nahezu unmöglich. „Damit ist eine kontinuierliche Beziehungsarbeit faktisch nicht mehr möglich“, so Weihnert.
Infolge der Kürzungen im laufenden Haushalt 2010 kam es zu einem „Ausbluten“ der Angebote sowohl im ländlichen Raum – wie konkret in Nordsachsen – aber auch in Großstädten wie Chemnitz. Die Qualität der örtlichen Jugendhilfeplanung bzw. die Beteiligung entsprechender Akteure an der Planung hat mit diesem kurzfristigen Einschnitt weiter gelitten.
Bei kommunalen und landesweiten Diskussionen werden Leistungen der Jugendhilfe gern als „freiwillig“ deklariert, die gegenüber den mit Rechtsansprüchen untersetzten Hilfen zur Erziehung nachrangig seien. Weihnert: „Es ist nicht nur kurzsichtig, Prävention einzustellen und sich dann über höhere und teurere Fallzahlen in den Hilfen zur Erziehung zu wundern, es ist auch falsch. Hier ist der Freistaat in der Pflicht, über einen Landesrechtsvorbehalt Leistungen in diesem Arbeitsfeld als bedeutende Sozialisations- und Bildungsinstanz anzuerkennen.
All dies zeigt, wie nötig die öffentliche Debatte über die Zukunft der Jugendarbeit in Sachsen ist. Die Arbeiterwohlfahrt begrüßt daher das Anliegen der „Meißner Thesen zur Jugendarbeit in Ostdeutschland“.“ Der bisher nur in der Fachwelt bekannte „Aufruf zu einer notwendigen Diskussion“, den unterschiedlichste Fachvertreter mit der Evangelischen Studienakademie Meißen gemeinsam im Januar veröffentlicht haben, fordert nicht weniger als eine neue Positionsbestimmung zur Jugendarbeit und ihrer Leistungen für die Gesellschaft.
Quelle: AWO